Rachmaninoff aus tiefster Seele gespielt
Chefmelancholiker Sergej Rachmaninov verstand es wie kein anderer Pianisten-Komponist, dem Konzertflügel die colle Klangfarbpalette eines Sinfonieorchesters abzugewinnen. Exemplarisch gelang ihm das mit seiner zweiten Klaviersonate. Um sich Rachmaninoffs epischer, emotional weit ausgreifender musikalischer Schöpfung in mehr als nur technisch brillanter Weise zu nähern, braucht es eine Form von Seelenverwandschaft. Der türkische Pianist Emre Yavuz - Preisträger des Dortmunder Schubert-Wettbewerbs 2016 - scheint sie zu besitzen.
Für seine aktuelle Aufnahme des Op. 36 wählte er die erste 1913er Fassung und wie er in den Ecksätzen alle dynamische Register zieht, ohne ins Überzeichnete abzugleiten, wie er bei insgesamt gemässigten Tempi u. a. mit klug gesetzten Rubati Spannungen erzeugt, ohne in oberflächliche Bedeutungsleere zu verfallen, das zeugt von tiefstem Verständnis und emotionaler Intelligenz. Das Sentiment des zweiten Satzes unterstreicht Emre mit sängerischer Eleganz, ohne es mit Sentimentalität zu überzuckern.
Sein besonderes Gespür für dramaturgisch wirkungsvolle Gestaltung ließ ihn die Sonate mit den zehn frühen Préludes Op. 23 aus den Jahren 1901-1903 koppeln. Deren romantisch-expressives Fin de Siécle-Klanggewand lässt er mit drängend-perlender Geläufigkeit in leuchtenden Farben aufschneiden. Famos.